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KAPITEL 9

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Kapitel 5 Der Puppenspieler „Dein Handy bitte.“ Der Mann, der sich Gesa vor fünf Minuten in der Hotel-Lobby als Andrasch vorgestellt hatte, streckte ihr ungeduldig seine rechte Hand entgegen. Als Gesa zögerte, atmete er hörbar genervt aus und erklärte ihr „kurz mal die Spielregeln. Pass auf Kleine: Unsere Kunden wollen gesehen werden, klar, deswegen bist du ja da. Aber die haben keinen Bock, sich später auf irgendwelchen Videoportalen im Netz wiederzufinden. Verstanden?“ Gesa händigte ihm zögerlich ihr Smartphone aus. Als Andrasch ihren verunsicherten Blick sah, beruhigte er sie: „Keine Sorge. Du kannst es dir später wieder abholen. Ist das dein einziges?“ Gesa nickte. „Gut. Dann brauch ich hier noch eine Unterschrift.“ Er holte umständlich zwei Blätter Papier aus einem verschlissenen Jutebeutel hervor und schob sie ihr über den Tisch zu. „Damit verpflichtest du dich mit keinem darüber zu reden, was du die nächsten zwei Stunden sehen wirst. Und mit ‚keinem Reden‘ meine

KAPITEL 5-8

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KAPITEL 5 „Wie oft wird man 24?“ rief G in die ausgelassene Runde. „Nur einmal!“ schallte es aus ein Dutzend Mündern zurück. Begleitet wurde dieser Ruf mit erhobenen Händen, klirrenden Gläsern und lautem Kreischen aus der Ecke, in der E stand. Jens, der heute den DJ spielte drehte die Anlage noch ein wenig lauter. G hatte sie alle eingeladen, alle die ihr wichtig waren drängten sich in ihrem 28 Quadratmeter großen Apartment, um mit ihr ihren 24 Geburtstag zu feiern. Ihren „ersten richtigen“ wie sie nicht müde wurde zu betonen. Nicht, dass die anderen Geburtstage weniger gefeiert wurden, aber es war der erste in den eigenen vier Wänden. Vor drei Monaten war sie bei ihren Eltern ausgezogen, nach langer Suche und viel Hin und Her. M, ihr sechs Jahre jüngerer Bruder, war sich bis zum Tag ihres Auszugs sicher: „Du bleibst eh hier. Du findest in München nichts, was du dir leisten kannst. Und überhaupt - du glaubst doch nicht, dass dich einer mit deinem Gehaltsnachweis nimmt.“ H

KAPITEL 4

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VIA MALA Drei Tage. Drei Tage braucht ein Mensch, um sich zu gewöhnen. Zum Beispiel ist in nur drei Tagen jeder beliebige Ort der Welt ausreichend kartographiert, um vertraut zu werden. Es spielt dabei überhaupt keine Rolle, welche Sprachen an diesem Ort gesprochen werden, welche Gesetze und Konventionen gelten, wie das Wetter ist oder nach welcher Weltzeit die Tage vergehen. In 72 Stunden hat man, ganz egal wo, schon alle Ausgangs- und Zielpunkte festgelegt, die Koordinaten der Gewöhnung gesetzt, hat man sich Heimat geschaffen. Denn Gewöhnung ist nichts, das uns passiert. Gewöhnung ist ein Trieb, ein Urinstinkt. Das Gewohnheitstier macht sich die Welt, widewidewide sie ihm gefällt, und so macht es sich die Erde untertan, indem es sich an einfach alles gewöhnt.   „Gewohnheitstier“ ist vielleicht ein irreführender Begriff. Denn Tiere sind vieles gewohnt, gewöhnen sich aber an überhaupt nichts. Tiere sind fürchterlich empfindlich und eigen. Da ist das Wasser